Februar 13, 2014

Berlinale 2014: LIGHT OF COMPASSION [NASAKE NO HIKARI aka. DAS LICHT DES HERZENS] (1926)

Von wenigen Ausnahmen vereinzelt zugänglicher Frühwerke bekannter Vorzeigeregisseure (etwa durch Criterions Eclipse-Serie) abgesehen, ist japanisches Kino aus der Stummfilmzeit selbst über einschlägige, cinephil-obskure Bezugswege nicht problemlos (ein)sehbar. Umso schöner, wenn zumindest die Berlinale alljährlich mit raren Kopien und potenziellen Entdeckungen einer Ära lockt, die selbst bei Japanfilmfreunden noch weitgehend unerforscht sein dürfte. Light of Compassion, 88 Jahre nach seiner Entstehung erstmals (und mit Sicherheit auch einmalig) in Deutschland zu sehen, ist nun leider wahrlich kein gehobener Schatz der Filmgeschichte, und dennoch bin ich froh, ihn gesehen zu haben. Mit sozialmoralischem Anliegen inszeniert (und tatsächlich kultusministerial in Auftrag gegeben), ist die Geschichte eines verarmten Jungen, der durch die gönnerhaften Eltern einer ungleich wohl situierten Mitschülerin doch noch seinen Platz in der Gesellschaft findet, insgesamt schon schwer erträglich. Humanismus-Einmaleins aus dem Lehrbuch, das Aufstiegschancen als Selbsterniedrigung aus Fleiß und Bittstellerei missversteht, und die sozialen Gefälle eher bestätigt als aufbricht. Vom ideologischen Nonsens und der heute beinahe amüsant anmutenden Simplifizierung der Problematik abgesehen, ist das Soziallehrstück aber auch von einer Naivität beseelt, die wenigstens nicht wehtut. Und es gibt schlimmeres, als dem Regie- und Kamerapionier Henry Kotani (eine Schlüsselfigur in der Geschichte der Shochiku-Studios) bei der Arbeit zuzuschauen – denn wie gesagt: dass man es überhaupt kann, ist schon ein Gewinn.