November 27, 2011

Kino: TWILIGHT - BREAKING DAWN - PART I

Hier an dieser Stelle bezeichnete ich die erste Twilight-Adaption zu ihrem Kinostart noch als "einschläfernde und ideologisch bizarre Biedermeier-Schnulze", nichts ahnend, dass mir deren rühriger Vortragsgestus aus episch ausformulierten Teenienöten und konservierten Prüderieidealen drei Jahre und Filme später einmal zu Herzen gehen würde! Allmählicher Konditionierungseffekt, Kapitulation vor dem Grotesken oder doch schlichte Altersmilde? Vielleicht aber auch sind die Twilight-Filme nach Stephenie Meyer seit ihrem unentschlossenen Debüt tatsächlich besser geworden.

Das Loblied aufs große Warten trällerte Chris Weitz in "New Moon" jedenfalls schon deutlich zurückhaltender als Catherine Hardwicke, Regisseurin des ersten Films. Und in Teenie-Schmonzette Numero 3 verdichteten sich die zuvor lediglich behaupteten Konflikte passend zum Titel ("Eclipse") dann sogar wirklich einmal zum mehr oder weniger komplexen Wechselbad der Gefühle, in dem die schöne Bella allen Ideologiefesseln trotzte und sowohl den sanftmütigen Vampir als auch dessen wilden Werwolfrivalen an die kurze Leine nahm. Der weitgehend handlungsfreie Schmachtzirkus gerann im dritten Twilight-Film tatsächlich zur interessanten Emotionsschraube für Pubertierende, deren Befindlichkeits- radar auch ahnungs- und teilnahmslosen Zuschauern eine Projektionsfläche bot, und sei es nur für lehrreiche Beobachtungen zum Zustand der heutigen Jugend.

Dieser Aufwärtstrend, so es denn einer sein mag, setzt sich im kommerziell zweigeteilten Finale der Serie fort. "Breaking Dawn - Part 1" beantwortet die über drei Filme geduldig zugespitzte Heiratsfrage gleich zu Beginn und lässt der großzügigen Gefühlsrhetorik endlich Taten folgen. Die rund ein Drittel der Handlung veranschlagende und nach allen Regeln der Pompkunst ausinszenierte Hochzeitszeremonie ist stark geeignet, die überwiegend minderjährigen Twihards (so nennt man die besonders inbrünstigen Fans der Bücher und Filme) ins selige Gefühlsnirwana zu duseln, würde Regisseur Bill Condon ("Gods and Monsters") das blümerante Prozedere nicht mit visuell prägnanten Bildern blutiger Vorahnung kontrastieren. Nach der Hochzeitsnacht nämlich, in der Bella und Edward endlich ihren verdienten Kuschelsex bekommen, kündigt sich gar schlimmes Unheil an: Ein Mensch-Vampir-Baby!

Dem (vor)letzten Film kommt klar zugute, dass er viele der zuvor aufgeladenen Konflikte zu einem Abschluss führt, einige angekündigte Versprechen einlöst und tatsächlich mit Tempo und Schmackes das herkömmliche Gefühlschaos an eine action- und spannungsbetonte Dramaturgie koppelt. Bellas Schwangerschaft und Vampirwerdung, Edwards und Jacobs hitziger Monsterzwist, der Kampf zwischen Vampir- und Werwolfsclan - dafür, dass wieder einmal kaum etwas passiert, passiert dann doch so einiges. Bisher gelang es keinem der Twilight-Filme so sehr wie "Breaking Dawn", die endlos verbalisierte Hochdramatik der drei Protagonisten an konkrete Probleme zu knüpfen. Und in ihrer Abschied einläutenden Finalstimmung aus potenziertem Sentiment und kitschig-schöner Romantik ist dieses Fast-Schlusskapitel irgendwie doch erstaunlich einnehmend. Schrittweise Gewöhnung oder Sehnsucht nach idealisiertem Schmalz, eigentlich egal.


70% - erschienen bei: Das Manifest