April 24, 2007

Kino: MAN CHENG JIN DAI HUANG JIN JIA

Als Abschluss einer epischen Actiontrilogie, die mit "Hero" begann und dem "House of Flying Daggers" fortgesetzt wurde, enttäuscht "Curse of the Golden Flower" im gleichen Maße wie er auch restlos begeistert. Das hat zweierlei Gründe: Yimou Zhangs Film erzählt mit engem Fokus die Geschichte einer kaiserlichen Familie, dicht und überaus kühl inszeniert, so eng geschnürt wie die Korsetts der Frauen am Hofe. Das ist technisch brillant, hat mit der Opulenz und den vielfältigen, spektakulären Kampfesszenen der Vorgänger aber nur noch wenig gemein. Dagegen überrascht Zhang nach anfänglichem Zweifel mit einem hervorragend besetzten Kammerspiel im großen Stil – "Curse of the Golden Flower" ist theatralisches, visuell überwältigendes Kino.

Vor dem traditionellen Chrysanthemen-Fest hängt der Haus- segen am kaiserlichen Hof sprichwörtlich schief: Intrigen und Inzest bestimmen die Familienstrukturen. Die Königin (Li Gong) hatte ein Verhältnis mit ihrem ältesten Stiefsohn, dessen wahre Mutter er fälschlicherweise für tot hält. Dieser hat jedoch nur noch Augen für die Tochter des Hofapo- thekers, in die auch der König (Yun-Fat Chow) vernarrt ist, der seine ungeliebte Ehefrau mit vergiftetem Tee langsam töten will. Diese weiß um den Plan ihres Gatten und versucht ihrerseits Rache zu üben, wofür sie auch ihren Sohn, den Prinzen Jie (Chou Jay), gewinnen möchte. Erst später wird er wiederum erfahren, dass die Tochter des Apothekers seine Halbschwester ist.

Diese Familiendynastie richtet sich allmählich zugrunde. Und der Zuschauer ist mittendrin in einem statischen Drama, das sich irgendwo zwischen Shakespeare und Seifenoper bewegt. "Curse of the Golden Flower" verlangt seinem Publikum dabei viel Aufmerksamkeit ab – die Dialoge sind blumiger denn je, während die Gesten ausschweifender kaum sein könnten. Doch der Film gefällt sich in diesem Kitsch aufs wunderbarste. So regenbogenfarbig die Wände des Palastes auch sein mögen, die Eiseskälte zwischen den Figuren überschattet jede Bonbonpracht. Zhang ist ein Beobachter, der diesen Kontrast nur allzu gern betont: Die güldenen Gewänder, die funkelnden Edelsteine und prachtvollen Tücher täuschen eine warmherzige Harmonie vor, die der Film mehr und mehr zersetzt.

Erst in einem fulminanten Finale brechen die Figuren aus ihrer formalen Etikette heraus. Das wird seinerseits mit allerlei Symbolen unterstrichen und durch eine parallel montierte, gigantische Schlachtsequenz veräußerlicht, droht aber im Meer dieser betörenden Farbenpracht unterzugehen. Zhang verlagert hier seinen Schwerpunkt: Nicht die Massenszenen besitzen eine epische Wucht – tatsächlich stören sie die eigentliche Handlung fast ein wenig –, sondern die familiäre Eskalation. Die beherrschte Strenge bei der Durchführung alltäglicher Zeremonien weicht zum Höhepunkt dann einer blutigen Radikalität. Jegliche Eleganz ist dahin, Teppiche und Blumen sind rot gefärbt. "Curse of the Golden Flower" hat vielleicht nicht mehr zu erzählen als eine gewöhnliche Folge "Denver Clan" – aber ein so edles Antlitz darf selbst die gröbste Trivialität schließlich nicht immer haben.

70% - erschienen bei: DAS MANIFEST